Agieren statt reagieren

Agieren statt Reagieren – Interview über Unternehmenskultur mit Andreas Moschin, Chef Einsatzabteilung / 1. Stellvertreter Kommandant, Stadtpolizei Zürich


Interviewer: Marco S. Maffei

Herr Moschin, herzlichen Dank für die Interview-Möglichkeit.1 Mich interessiert Ihre Erfahrung als Führungskraft zum Thema Unternehmenskultur. Unter Unternehmenskultur verstehe ich die Art und Weise, wie sich die Menschen in einem Unternehmen verhalten.

Wie beurteilen Sie die Bedeutung von Unternehmenskultur im Kontext der Unternehmensführung?
Andreas Moschin: Das Polizeikorps ist ein Unternehmen, wenn auch anders, als beispielsweise ein Industrieunternehmen oder eine Verwaltung. Wir arbeiten einsatzorientiert während 24 Stunden 365 Tage im Jahr. Die Leistung wird vor allem auch durch die Menschen auf der Strasse konkretisiert. Das Produkt ist Sicherheit, die schwieriger messbar ist, als der Umsatz eines Warenhauses. Die Bedeutung von Unternehmenskultur ist bei uns extrem hoch. Ethische und moralische Werte sind zentral. Es ist Aufgabe der Führung, diese vorzuleben. Vier einfache und verständliche Führungsgrundsätze geben den kulturellen Kern vor: 1. gestalten und klären; 2. Beziehungen pflegen; 3. Mit den Menschen entscheiden; 4. Hinschauen und ansprechen. Rund herum interpretiert jeder in seinem Führungsbereich, was dies für ihn konkret bedeutet. Dadurch erreichen wir eine sehr hohe ethische Verpflichtung unserer rund 2150 Angestellten gegenüber ihren Aufgaben.

Welche Zusammenhänge sehen Sie zwischen Unternehmenskultur, Performance und Fluktuationskosten?
Andreas Moschin: Bei uns herrscht eine extrem tiefe Fluktuationsrate. Wer bei uns die Polizeischule absolviert hat, arbeitet in der Regel bis zur Pensionierung bei der Polizei. Hätten wir eine schlechte Unternehmenskultur, würden die Polizisten vermehrt zu anderen Polizeikorps wechseln. Auch hinsichtlich Performance leistet die Unternehmenskultur einen wesentlichen Beitrag: Sie erhöht die Motivation und Freude an der Arbeit in dieser Stadt.

Welche unternehmenskulturellen Massnahmen haben Sie bereits getroffen?
Andreas Moschin: Die Unternehmenskultur ist in unseren regelmässigen Fortbildungskursen ein Thema. Zum Beispiel setzt sich dort jeder Mitarbeiter aktiv und kritisch mit der täglichen Arbeit und dem Verbesserungspotenzial auseinander. Eine weitere wirkungsvolle Massnahme sind die quartalsweisen Open Talks, die der Kommandant persönlich leitet und total transparent Rede und Antwort steht. Die Teilnahme ist freiwillig und findet während der Arbeitszeit statt. Ergeben sich daraus Massnahmen, setzen wir diese um und kommunizieren sie.

Welche aktuellen Herausforderungen hinsichtlich Unternehmenskultur gibt es Ihrer Ansicht nach?
Andreas Moschin: Wir sind ein Monopolunternehmen mit Mitarbeitern, die sehr lange darin arbeiten, in einer Gesellschaft, die sich sehr schnell entwickelt, und in einer Stadt, in der die Polizei medial im Fokus steht. Eine Unternehmenskultur zu schaffen, die diesen Rahmenbedingungen gerecht wird, ist eine grosse Herausforderung.

Welche unternehmenskulturellen Trends bestehen Ihrer Meinung nach?
Andreas Moschin: Gesellschaftliche Trends bestimmen unsere Arbeit wesentlich mit. In einer Stadt wie Zürich treten neue Trends viel häufiger auf, als beispielweise auf dem Land. Sie sind jedoch oft auch viel schnelllebiger. Darauf angemessen zu reagieren verlangt eine innovative Unternehmenskultur, die am Puls der Zeit ist und eine Vorreiterrolle einnimmt. Denn noch besser als Reagieren ist Agieren.

Abschlussfrage: Was verstehen Sie unter Unternehmenskultur?
Andreas Moschin: Für mich ist die Unternehmenskultur wie ein Teppich, auf dem sich die Mitarbeitenden im Alltag bewegen. Die darin verankerten Werte sollen eine Orientierungshilfe fürs konkrete Handeln sein.


Die von powernavi geführte Interview-Reihe fand in der zweiten Hälfte 2016 statt. Hier folgt ein Auszug der ungefähr 20 Interviews mit Geschäftsführern und Personalverantwortlichen aus den Branchen Baugewerbe, Maschinen- und Anlagebau, Detailhandel, Finanzdienstleistungen, Personaldienstleistungen, IT/Internet, Energie, Gesundheit und soziale Dienste, öffentlicher Dienst.


Über Stadtpolizei Zürich:

Die Stadtpolizei Zürich sorgt in der Stadt Zürich für die Beachtung der Gesetze sowie für die Sicherheit von Personen und Eigentum. Sie ist bestrebt, durch ihre Tätigkeit und geeignete Massnahmen Verbrechen, Vergehen und Übertretungen zu verhindern. Sie versteht sich als Dienstleistungsbetrieb für die Stadt und verpflichtet sich zu einer rechtlich einwandfreien Erfüllung ihres Auftrages. Ausserdem kehrt sie das Notwendige vor, um auch in einer rasch sich ändernden Umwelt ihren Auftrag erfüllen zu können.